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Neubronner investiert kräftig

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Die Neubronner GmbH & Co. KG zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Nassklebestreifen. Der Mittelständler ist auf Wachstumskurs – rund 800 000 Euro wurden jetzt in neue, ressourcensparende Anlagen investiert, darunter eine hocheffiziente Mikrogasturbine. Deutschlandweit gehört Neubronner damit zu den Vorreitern.

Für Neubronner habe nicht weniger als ein neues Zeitalter begonnen, sagt Michael Becker. Und der Geschäftsführer, der am Standort im Norden der Brunnenstadt für 82 Mitarbeiter verantwortlich ist, frönt dabei nicht dem Superlativismus. Der Zeitenwandel manifestiert sich für ihn in 800 000 Euro schweren Investitionen, die das mittelständische Unternehmen, das zuletzt einen Jahresumsatz von rund 13 Millionen Euro erwirtschaftete, jetzt in neue, ressourcensparende Anlagen gesteckt hat.

Die Neubronner GmbH & Co. KG stellt in Oberursel auf insgesamt 18 000 Quadratmetern Produktions- und Lagerfläche hauptsächlich faserverstärkte Nassklebestreifen her, mit denen Kartons verschlossen werden. Die namhaften Kunden sitzen in der ganzen Welt, der Exportanteil beträgt rund 50 Prozent. Vor allem die großen Marken – etwa im Bereich Sportartikel – vertrauen beim Versand ihrer Ware auf das Klebeband aus der Brunnenstadt, wie der Geschäftsführer im Gespräch mit der TZ berichtet.

Und er erläutert auch gleich den Unterschied zum braunen Standardpaketband, wie es wohl jeder zu Hause hat: „Das Paket ist damit gleichzeitig versiegelt, da sich der Verschluss nur durch Zerstörung öffnen lässt. Nicht etwa mit einem Fön“, sagt Becker, der weiß, dass der Diebstahl auf dem Transportweg in Zeiten von E-Commerce und verlängerter Werkbank ein „Riesenthema“ für die Markenartikelhersteller ist; der Verlust gehe schnell in die Millionen. Da ist es kein Wunder, dass Neubronner auf Wachstumskurs ist, der Jahresumsatz stetig steigt – zumal es weltweit nur einen Mitbewerber gebe, der solche Nassklebestreifen produziere. „Ein Ami“, sagt Becker.

Was auch bedeutet: „Wir haben das ganze Know-how hier. Wir können ja keine einzige Maschine für die Produktion von der Stange kaufen.“ Vielmehr werden die Anlagen selbst konstruiert oder zumindest den Bedürfnissen angepasst, erklärt der 53-Jährige, der weiß, wovon er spricht: Ehedem hat er als Ingenieur selbst einige der Maschinen gebaut, vor seiner Zeit als Geschäftsführer – diesen Posten hat er seit rund fünf Jahren inne – war er über 20 Jahre lang Betriebsleiter.

Energie sparen

Mit den jüngsten Investitionen, sagt der Chef, „einer kompletten Restrukturierung unseres Energieverbrauchs“, habe man das eigene Umweltbewusstsein untermauert. „Wir haben eine sehr energieintensive Produktion, das lässt sich nicht vermeiden. Aber wir nutzen natürliche Rohstoffe, Papier, Glas, Sand, Kartoffelstärke, und wollen so ressourcenschonend wie möglich produzieren.“ Unter anderem wurde die komplette Primärenergieversorgung von Öl auf Gas umgestellt, außerdem die Beheizung der Gebäude auf den modernsten Stand gebracht und eine große Kesselanlage stillgelegt; statt derer wurde ein neuer Schnelldampferzeuger in Betrieb genommen. „So wird nur noch die Menge an Dampf produziert, die gebraucht wird.“

Dieser wird benötigt, um den wasserlöslichen Leim zu erhitzen, mit dem dann die Papierbahnen beschichtet werden. Die fertigen faserverstärkten Klebestreifen bestehen später aus zwei Papierschichten – die Oberseite kann mit einem Logo bedruckt werden oder bleibt braun beziehungsweise weiß –, dazwischen stabilisiert ein Glasfaser-Netz das Material. Ohne Druck gerechnet stellt Neubronner etwa 200 verschiedene Klebestreifen-Variationen her; im Lager stehen die Rollen in den unterschiedlichen Breiten, die bis zu zwei Kilometer an Klebeband tragen, palettenweise.

Vor allem die Herstellung der leimbeschichteten Seite benötigt eine hohe Menge thermischer Energie. So wird der beschichteten Papierbahn in einer Trocknungsanlage das Wasser entzogen. In der Fertigung werden stets gleichzeitig Wärme und Strom benötigt – und hier kommt die mit einer halben Million Euro teuerste der neuen Maschinen ins Spiel: eine hocheffiziente Mikrogasturbine. Die über Erdgas betriebene Elektroturbine liefert 300 Kilowatt Strom pro Stunde – ein Teil wird ins Netz eingespeist – und 280 Grad heiße Abluft für die Leimtrocknung.

„So werden 30 Prozent des Primärenergiebedarfs eingespart und durch die hocheffiziente Verbrennung in der Turbine können wir die Kohlendioxid-Emissionen um 45 Prozent verringern“, erklärt Becker. Die neue Technologie wird als Pilotprojekt aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und vom Land Hessen gefördert. „In Hessen ist es die erste Anlage dieser Art, die Abluft für industrielle Zwecke nutzt, manche sagen, auch in Deutschland“, berichtet der Geschäftsführer nicht ohne Stolz.

Weitere 500 000 Euro

Und das Unternehmen will in den kommenden Jahren weiter in Energieeffizienz investieren, unter anderem im Bereich der Hot-Melt-Aufbereitung, also der Leimherstellung – „noch mal eine halbe Million Euro“, sagt Becker, der diesen Kurs auch als Bekenntnis zum Standort sieht, an dem Neubronner seit den Dreißigerjahren seinen Sitz hat.

1989 zog auch die Kronberger Dependance – hier wurde die Firma 1905 vom Hofapotheker Dr. Julius Neubronner gegründet – in die Brunnenstadt. Hier will man nun weiter wachsen, aber „gesund“. „99 Prozent unserer Mitarbeiter sind festangestellt, wir machen hier kein hire and fire“, sagt Becker. „Hinter jedem Mitarbeiter steht eine Familie.“

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